Privatschulen in Deutschland - Ein Erfahrungsbericht
Die stetig ansteigende Schülerzahl an privaten Bildungseinrichtungen lässt darauf schließen, dass sich immer mehr Eltern und Schüler Gedanken über den Besuch an einer Ersatzschule machen. Diese Entscheidung fällt aus unterschiedlichen Gründen sicher nicht immer leicht. Der Erfahrungsbericht eines ehemaligen Privatschülers kann vielleicht ein wenig Abhilfe verschaffen.
Ich bin Tobias aus München und durfte von der achten Klasse bis zum Abitur eine Privatschule in Bayern besuchen. Da ich oft gefragt wurde, welche Unterschiede zwischen der staatlichen und der privaten Schule bestehen, möchte ich meine Erfahrungen von damals gerne teilen und so Schülerinnen und Schülern, die möglicherweise eine private Schulausbildung in Betracht ziehen, bei der Entscheidungsfindung vielleicht etwas helfen.
An der staatlichen Schule war ich einer von vielen und bin im Unterricht oft nur mitgeschwommen!
Zunächst einmal war ich von der fünften bis zur siebten Klasse auf einem staatlichen Gymnasium mit rund 1300 weiteren Schülern. In meiner Klasse waren immer rund 30 weitere Mitschüler, so gesehen eine normale Klassengröße an staatlichen Schulen. Wie bei jedem war der Unterricht für mich oftmals spannend, aber teilweise auch langweilig. Ich hatte durchschnittliche Noten und bin im Unterricht „mitgeschwommen“, ohne großartig aufzufallen. Ich war eben einer von vielen in der Klasse. Meine Lehrer kamen mir immer relativ gestresst vor, was ich später aufgrund der riesigen Klassen und dem sehr eng getakteten Stundenplan an staatlichen Schulen besser nachvollziehen konnte.
Meine Eltern und ich entschieden dann, dass ich zur achten Klasse ein privates Gymnasium in Oberbayern besuchen werde. Ich hätte selbstverständlich auch auf dem staatlichen Gymnasium, an dem mein Freundeskreis war, bleiben können und sie überließen mir die Entscheidung, doch ich war nach einem Besuch der Schule und einem Probetag im Unterricht sehr angetan von den Möglichkeiten, die sich mir dort boten.
“Der Probeunterricht am privaten Gymnasium hat mich überzeugt.”
Als ich im Probeunterricht saß, war ich erstaunt wie klein meine Klasse war. Nur 12 weitere Schülerinnen und Schüler waren neben mir im Unterricht und ich habe schnell gemerkt, dass bei solch kleinen Klassen die Interaktion zwischen Lehrern und Schülern sehr im Mittelpunkt steht. Hatte ich früher mal keine Lust mich am Unterricht zu beteiligen, dann habe ich mich einfach nicht gemeldet und konnte in meinen Gedanken versinken. Ich bin bei dieser großen Anzahl an Schülern schier untergetaucht und dem Lehrer ist dies auch nicht aufgefallen, da ja noch mindestens 29 Mitschüler mit im Raum saßen, um die sich gekümmert werden musste.
Doch bei nur noch 12 Mitschülern fällt es schnell auf, wenn man sich mal nicht beteiligt. Ich wurde explizit von meinen Lehrern aufgerufen und etwas gefragt, auch wenn sich andere Mitschüler meldeten, da es aufgefallen ist, sobald man sich gewissermaßen aus dem Unterricht „ausgeklinkt“ hat.
“Die Lehrer gehen auf jeden einzelnen Schüler ein und klären alle offenen Fragen. Erst dann wird der Unterricht fortgeführt.”
Das kannte ich bis dato so nicht, da normalerweise immer die Schüler, die sich meldeten, drangenommen wurden. Auch bei Aufgaben, die während der Stunde bearbeitet werden sollten, konnten sich die Lehrer wesentlich mehr Zeit für einzelne Schüler nehmen und ihnen ganz explizit etwas erklären. Wenn man selbst ein Thema noch nicht so verstanden hat und bestimmte Fragen hat, die die anderen Mitschüler nicht mehr haben, dann haben sich meine Lehrer mir zugewandt und mich unterstützt, bis die Frage auch wirklich geklärt war und ich das Thema verstanden hatte. Danach konnte der Unterricht weitergeführt werden, ohne dass jemand noch offene Fragen hatte und die ganze Klasse befand sich auf einem gleichen Wissensstand.
Oftmals fehlte meinen Lehrer an der staatlichen Schule, aufgrund des vollgepackten Lehrplans, schlicht die Zeit, um jede Frage zu klären. Es musste hastig zum nächsten Kapitel oder der nächsten Frage gesprungen werden, da man den Stoff sonst nicht durchbringen könne. So kam es dazu, dass manche meiner Mitschüler das Thema der vorherigen Stunden noch gar nicht richtig verstanden hatten, in der Klasse aber schon längst darauf aufbauende, neue Kapitel gelehrt wurden, was zu großer Verwirrung und Motivationsverlust führte. Nach der Stunde blieb auch fast nie die Zeit offene Fragen erklärt zu bekommen, sodass man gezwungen war alles daheim nachzuarbeiten.
“Die höhere Anzahl an Schulstunden hat mir anfangs nicht gefallen, im Endeffekt war es aber genau das, was ich gebraucht habe, um am Ende des Tages ohne Wissenslücken nach Hause gehen zu können.”
An der privaten Schule hingegen hatte ich einen etwas größeren Stundenplan, also auch mehr Schulstunden an sich. Generell hatte ich in meinen Hauptfächern mehr Schulstunden verglichen zur staatlichen Schule, also mehr Deutsch-, Mathe- und Englischunterricht.
Davon war ich anfangs natürlich überhaupt nicht begeistert. Doch zurückblickend, war es genau das, was ich und auch die Lehrerinnen und Lehrer gebraucht haben – nämlich mehr Schulzeit. Zeit, um Fragen zu klären, Zeit, um fundamentale Dinge so lange zu erklären bis ausnahmslos jeder sie verstanden hatte und keiner zurückbleibt. Klar, ein längerer Schultag klang erst einmal ziemlich uncool, doch ich verbringe lieber mehr Zeit in der Schule und habe am Ende des Tages alles verstanden, als mit hunderten Fragezeichen den Heimweg anzutreten und zu Hause alles nachzulernen, was dann meistens sowieso eher sporadisch gemacht wurde.
Kleine Klassen mit einer übersichtlichen Anzahl an Schülern und damit eine hohe Interaktion im Unterricht, sowie ein etwas entzerrter Lehrplan durch mehr Schulstunden in den Hauptfächern. Rückblickend betrachtet waren es diese beiden Dinge, die mir die Schulzeit sehr erleichtert haben. Ich weiß nicht wie es auf der staatlichen Schule weitergegangen wäre, doch ich habe meine Entscheidung für die private Schule niemals bereut und würde sie heute nochmal genauso treffen.
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Quelle: www.privatschulenPORTAL.de
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